Pitengu

Gedanken zu Diesem und Jenem

Deutschland und die Elektromobilität

Bild: Fotolia

Deutschland, genauer die Bundesregierung, hat im August 2009 beschlossen, dass Deutschland Leitmarkt und -anbieter für Elektromobiliät werden soll. Für diese Entscheidung gibt es, wie immer, viele Gründe. Einer der wichtigsten Gründe, ist die Verpflichtung der Bundesregierung zur Reduzierung der CO2-Werte für Deutschland. Wie immer, ist dies natürlich auch durch die Industrie getrieben. Gerade Deutschland ist neben den USA und Japan der Standort für Automobilanbieter. Praktisch ist es so, dass weltweit viele namhaften Automobilhersteller ihre Fahrzeuge in Deutschland entwickeln und entwickeln lassen, sei es BMW, GM (Cadillac, Chevrolet, Opel, Vauxhall), Ford, Mercedes, Volkswagen (Audi, Bugatti, Lamborghini, Porsche, Seat, Skoda, Volkswagen). Selbst ein Toyota und andere lassen in Deutschland entwickeln. Denn Deutschland, ist im Bereich der Fahrzeugelektronik der Standort weltweit; in Deutschland ist das Know-How.

Nationale Plattform Elektromobilität (NPE)

Im Mai 2010 wurde dann entsprechend die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) ins Leben gerufen. Ziel soll werden, dass Deutschland im Jahr 2020 Leitmarkt und Leitanbieter für Elektromobilität ist. Der zweite Bericht der NPE im Mai 2011 spricht dann auch schon von einer Million Elektrofahrzeugen im Jahr 2020 auf deutschen Straßen. Um dieses Ziel zu erreichen, macht die Bundesregierung viel. Sie investiert mehrere Millionen aus dem Konjukturpaket II in die Förderung und hat 8 Modellregionen mit spezieller Förderung gebildet, weiterhin gibt es spezielle Förderprogramme. Waren es am Anfang noch 90 Millionen Euro, sind es zwischenzeitlich 500 Millionen Euro oder vielleicht doch eher 900 Millionen Euro? So genau weiß dies wahrscheinlich keiner am Ende des Tages. Hoffen wir, dass es der Sache dient.

Deutschland als Leitanbieter

Seit Jahren gibt es die Argumentation, die deutschen Fahrzeughersteller hätten die Elektromobilität verschlafen. Haben sie es wirklich? Die deutschen Automobilhersteller forschen und entwickeln seit Jahren an Elektroantrieben und alternativen Antriebskonzepten, wie der Wasserstoffantrieb. Bereits 1991 auf der IAA wurden verschiedene Fahrzeuge in ihren unterschiedlichen Entwicklungsstadien präsentiert. Allen voran war BMW bereits mit einem vollelektrischen Fahrzeug, dem BMW E1. Was hat sich seit dem getan? Auf der einen Seite wenig: Es gibt bis (fast) heute immer noch wenige Fahrzeuge von den verschiedensten Herstellern. Die ersten Hersteller von Elektrofahrzeugen war die PSA Group in Frankreich Mitte der 1990er Jahre. Doch was ist davon übrig geblieben? Wer kennt wen, der ein solches Fahrzeug fährt beziehungsweise fuhr? Richtig bekannt geworden sind die Elektrofahrzeuge erst mit dem Tesla Roadstar. Das Hauptproblem der Elektromobilität ist Speicherung der Energie, die Batterie. Die in den 1990er Jahren vorhandenen Batterietechniken, waren zu schwer und zu teuer pro speicherbarer Energiemenge. Die Automobilhersteller waren und sind keine Batteriehersteller. Deswegen ist es mit der Elektromobilität nicht vorwärts gegangen. Ein kleinen Durchbruch gab es durch die Batterien auf Lithium-Ion-Basis in Beziehung auf Gewicht und Preis bezogen auf die speicherbare Energiemenge. Aber auch hier liegen die Preise noch bei ca. 450 Euro pro Kilowattstunde. Der Preis wird sicherlich in den nächsten Jahren weiter fallen. Doch jetzt ist der Preis ein Ausschlusskriterium. Deswegen haben viele Hersteller die Produktion von Elektrofahrzeugen wieder eingestellt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass hinter den Kulissen weiterentwickelt wird.

Toyota war einer der ersten Fahrzeughersteller, die Aufgrund der Batterieproblematik gar nicht erst auf ein Elektrofahrzeug gesetzt haben. Toyota hat sich als einer der ersten Anbieter auf die Kombination von herkömmlichen Antriebsstrang mit Elektroantrieb konzentriert und dies konsequent zur Marktreife gebracht. Damit hat Toyota einen neuen Fahrzeugtyp begründet: das Hybrid-Fahrzeug. Dies war auch für Toyota eine sehr große Herausforderung. Inzwischen ist durch einen glücklichen Umstand Toyota der Leitanbieter bei Hybrid-Fahrzeugen. Das Projekt Prius wäre fast kurz vor dem Aus gewesen, denn der Prius hat war damals an der Profitabilitätsgrenze. Abgehoben hat das damals, weil in den USA für die dortigen Verhältnisse die Benzinpreise massiv gestiegen sind. Dies führte dazu, dass der Markt für SUVs einbrach und plötzlich Spritsparer gefragt waren. Es gab nur einen: den Toyota Prius. Inzwischen haben viele Hersteller nachgezogen und bieten ihrerseits Hybrid-Fahrzeuge an (Liste der Hybrid-Fahrzeuge im Zeitverlauf).

Zunehmender Softwareanteil als Teil des Entwicklungsaufwands Nur wo sind die deutschen Anbieter? Warum ist das so schwer, wenn andere das auch können? Das erste Problem ist, dass eine Fahrzeugentwicklung auch heutzutage noch um die 4 bis 5 Jahre dauert. Fahrzeuge, die also heute (2013) auf den Markt kommen, werden bereits seit 2008 entwickelt. Der Entwicklungsstart des VW Golf VII, der 2012 vorgestellt wurde, lag also irgendwann in 2008, was zufälligerweise das Jahr war, wo der VW Golf VI erschien. Deutsche Fahrzeuge sind bei der elektronischen Integration ganz weit vorne. Entsprechend komplex sind Änderungen und Erweiterungen, wenn sie nicht von Anfang an eingeplant sind. Beispielsweise wird VW mit dem Golf VII und Golf VII Variant für Behördenfahrzeuge den sogenannten Sonderfahrzeugassistenten (SFA) anbieten. Die Entwicklung hat ca. 3 Jahre gedauert und im unteren 2-stelligen Millionenbereich gekostet. Hier geht es nur um ein Zusatzgerät, welches den Zugriff auf Fahrzeugfunktionen erlaubt und keinen Volleingriff wie bei der Integration eines Elektroantriebskonzeptes. Zunehmende Vernetzung der FahrzeugeEine Fahrzeugentwicklung nicht mal eben so gemacht wie bei jedem beliebigen Smartphone. Bei vielen Produkten ist es der Endkunde inzwischen gewohnt, dass mal ein Bug auftreten kann. Dann muss das jeweilige Gerät gegebenenfalls neu gestartet werden und es wird schon bald ein Softwareupdate geben. Das ist im Automobil nicht so einfach möglich. Bestimmte Basisfunktionen müssen beispielsweise zu fast 100% garantiert werden. Der Blinker darf nicht falsch blinken; das Tagfahrlicht muss immer an sein, außer das Ablendlicht ist eingeschaltet; das Bremslicht muss immer funktionieren und darf unter keinen Umständen eine Fehlfunktion haben. So gibt es viele Funktionen, die am und im Fahrzeug garantiert werden müssen. Viele dieser Funktionen interagieren inzwischen miteinander. Bei der Integration eines elektrischen Antriebsstrangs erhöht sich die Komplexität insofern, als dass jede Elektronik im Fahrzeug Strom benötigt und damit Energie kostet. Wegen der Probleme mit der Batterietechnik, muss also parallel der Energiebedarf verringert werden. Es muss möglich sein, Teilsysteme zum Strom sparen je nach Bedarf zu deaktivieren. Weiterhin müssen die Batteriezellen beim Bremsen ebenso effizient geladen werden, genannt Rekuperieren. Dieses Rekuperieren beeinflusst wiederum das Bremsverhalten und damit das Fahrverhalten, insbesondere in Kurven. In Situation wo wiederum Assistenzsysteme wie die Stabilitätsprogramme auch noch aktiv sind. Die hohe Integration und die hohen Qualitätsanforderungen sind Grund warum es scheinbar so langsam voran geht.

Im Großen und Ganzen sind die deutschen Hersteller auf einem guten Weg und an vielen internationalen Projekten zur Elektromobilität beteiligt, wie beispielsweise in China. Gerade in China zeigt sich, dass es auch hier viel langsamer voran geht, als gedacht. Ich denke, dass wenn jedes Modell von den deutschen Herstellen ebenso als Hybrid verfügbar sein wird, das Ziel als Leitanbieter erfüllt sein wird. Denn dann gilt wieder die gute, alte Regel: Deutsche Produkte werden wegen ihrer Qualität gekauft.

Deutschland als Leitmarkt

Ein weiteres Ziel ist es, Deutschland als Leitmarkt zu etablieren. Hier steht immer noch die Zahl von einer Million Elektrofahrzeugen im Raum. Jeder in der Branche hegt daran Zweifel und ist hinter vorgehaltener Hand der Meinung, dass Deutschland kein Leitmarkt sein wird. Der Leitmarkt wird China sein.

Ein Teil der Förderprogramme zielt daher auf den Aufbau einer Infrastruktur ab. Die Förderung der Infrastruktur richtet sich hier zum Großteil an die Energieanbieter. Ich denke dies ist der falsche Weg, wenn Deutschland ein Leitmarkt werden will. Die Förderung setzt an der falschen Stelle an und es fehlen gesetzliche Rahmenbedingungen.

Das “Tanken” eines Elektrofahrzeugs dauert seine Zeit. Daher ist es sinnvoll die Fahrzeuge da zu laden, wo sie viel herumstehen. Das klassische Tankstellenkonzept funktioniert hier nicht mehr. Autos stehen am Längsten in der Nähe der Wohnhäuser und der Arbeitsstätten.

Elektrofahrzeuge sind ideal für Kurzstrecken und sinnvoll für mittlere Strecken. Kurzstrecken finden meistens in den Großstädten statt. Elektrofahrzeuge sind also ideal für Großstädte. Das Problem ist, dass in Großstädten viele in Mehrfamilienhäusern wohnen. Die Fahrzeuge stehen dann entsprechend in Tiefgaragen, Stellplätzen und öffentlichen Straßen in der Nähe der Mehrfamilienhäuser. Jedoch keines der Förderprogramme setzt hier an. Es gibt gesetzliche Vorgaben in der Landesbauordnung, dass pro Wohneinheit entsprechend Stellplätze und Garagen zur Verfügung gestellt werden müssen. Genau hier wäre ein wichtiger Ansatzpunkt. Damit die Möglichkeit einer Ladeinfrastruktur geschaffen wird, sollte es verpflichtend oder zumindest gefördert werden, dass diese Stellplätze und Garagen mit Ladestationen ausgestattet sind. Beispielsweise ich habe keine Steckdose auf meinem Stellplatz in der Tiefgarage. Ein Anschluss ist nicht so leicht herstellbar, da die Elektrik durch Feuerschutztüren durchgeführt werden muss. Das Laden auf der Straße ist ebenso nicht möglich. Ich behaupte, dass kein in Deutschland aktuell gebautes Mehrfamilienhaus berücksichtigt die Problematik der Elektromobilität und Nachrüstung ist immer wesentlich teurer, wie die direkte Integration.

Ein weiteres Problem ist das Problem des Laden beim Arbeitgeber. Hier besteht erstens das gleiche Problem der Stellplatzproblematik wie bei den Wohnhäuser. Hinzu kommt: der Arbeitgeber darf den abgenommen Strom dem Arbeitnehmer nicht in Rechnung stellen. Wenn der Arbeitgeber den Strom in Rechnung stellt, dann wird er zum Stromanbieter. Als Stromanbieter benötigt man in Deutschland eine Lizenz von der Bundesnetzagentur. Wenn der Arbeitgeber den abgenommenen Strom nicht in Rechnung stellt, dann erhält der Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil, was wiederum dem Finanzamt nicht gefällt.

Gerade in diesem Bereich hat die Bundesregierung ihre Hausaufgaben zu erledigen.

Carsharing

Vielleicht gerade in Großstädten wird die Elektromobilität von alternativen Mobilitätskonzepten überholt, die wiederum Elektromobilität auch beinhalten können. Alternative Mobilitätskonzepte wie Car2Go, DriveNow, QuiCar und Zebramobil stellen im Mobilitätskonzept von Großstädten die nachhaltigere Lösung dar. Hierbei geht es darum, kein eigenes Auto mehr zu besitzen, sondern eines zu nutzen, wenn man es benötigt. Gerade in Großstädten mit einem gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr die günstigste und nachhaltigste Lösung für Umwelt und Nutzer. Aber auch hierfür benötigt es eine sinnvolle Ladeinfrastruktur in der Nähe der Wohnviertel und der Arbeitsstätten.

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