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Gedanken zu Diesem und Jenem

Rotation Curation — ein Hype?

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Was ist Rotation Curation?

Rotation Curation wurde von der schwedischen Werbeagentur Volontaire für das Swedish Institute und VisitSweden mit dem Namen Curators of Sweden entworfen. Ziel war und ist es, ein positives Images von Schweden zu generieren und damit Touristen anzulocken. Dies wird dadurch erreicht, dass jede Woche ein/e Bürger/in Schwedens für 7 Tage den offiziellen Twitter Account @Sweden bekommt und hier mehr oder weniger das schreiben darf, was er/sie möchte. Dieses Konzept wurde als Progressiv und Innovativ bezeichnet, weil es kaum Vorgaben gab. Die Tourismusbehörde gibt hier praktisch die Kontrolle aus der Hand, wie das Land international dargestellt wird. Daher wird es auch als demokratischste Form bezeichnet. Schweden hat damit erreicht, mit geringen Ausgaben für Werbung in die internationale Presse zu kommen. Das positive Image wurde damit befördert und das Land als ein innovatives Land positioniert. Kurzum ein großer Erfolg.

Wie das bei solchen Themen auf Twitter ist, werden diese gerne schnell von anderen aufgegriffen und übernommen. Ein kleine Zusammenfassung ist bei RotationCuration.com zu finden. Es sind da 77 Accounts gelistet. Die Pflege wurde scheinbar Anfang des Jahres eingestellt, denn ein paar mir bekannte Accounts wie beispielsweise @being_vodafone fehlen. Wenn man sich die genannten 77 Accounts näher ansieht, dann sind 42 davon tot. Eine Account fällt etwas aus der Reihe, @MunichLovesU, den er war von Anfang an nur auf 52 Wochen angelegt. Es bleiben über 50% der Accounts sind bereits wieder tot.

Warum Twitter?

Jetzt könnte man sich die Frage stellen: ist Twitter das richtige Medium? Ziel soll es sein, ein Land, eine Region, eine Stadt, eine Organisation, ein Thema durch die Augen von unterschiedlichen Menschen darzustellen und dadurch dem Rest näher zu bringen. Was wären die Alternativen zu Twitter? Blogs? Facebook? Google+? Youtube? Jede dieser und anderer Plattformen haben ihr Eigenheiten und damit in Beziehung auf eine gewisse Zielerreichung ihre Vor- und Nachteile. Die Zielerreichung für Schweden war und ist, dass Schweden international positiv für den Tourismus dargestellt wird, dass Tipps gegeben werden, wo man hingehen soll und was man besser meidet. Alles aus Sicht der Bürger selbst und ungefiltert. In meinen Augen, ist dieses Ziel auf Twitter nur kurzfristig erreicht. Twitter ist, wie die Agentur selber sagt, eine Echtzeitkommunikation, eine vergängliche Kommunikation. Twitter funktioniert gut, wenn es um sehr dynamische Themen geht. Twitter funktioniert nicht so gut, wenn es um nachhaltige Themen geht. Dies hat mehrere Gründe. Einer der Hauptgründe ist, dass allein die Suche auf Twitter nur ein paar Tage zurück reicht. Ein anderer ist, dass man in 140 Zeichen keine Essays schreiben kann und somit geht der Kontext, die Begründung und ähnliches schnell verloren. Twitter ist hoch dynamisch. Dafür hat Twitter den Vorteil, dass schnell und einfach eine große Gruppe an Menschen erreicht wird.

Warum kein Blog?

Es gibt ein Beispiel wo man dieses direkt vergleichen kann: @being_vodafone vs. Datev-Blog. Warum lässt sich das Vergleichen? Ganz einfach: der Twitter-Account wird von Mitarbeitern von Vodafone betrieben, die dazu Lust haben sich darzustellen. Der Datev-Blog wird von Mitarbeiter der Datev betrieben, die dazu Lust haben und die Datev darzustellen. In beiden Fällen haben die Mitarbeiter freie Hand und sie müssen nicht aus dem PR-Team sein. Bei Vodafone kann man nur durch den Twitter-Account scrollen und stellt fest: ja das sind normale Menschen, die das Gleiche machen wie andere auch. Bei der Datev kann man sich durch die Blog-Artikel klicken und stellt fest wie die Datev arbeiten. Es gibt Portraits zu einzelnen Menschen und ähnliches. Bei der Datev lernt man also die Datev, ihre Tätigkeitsfelder, die Mitarbeiter dahinter aus der Sicht der Mitarbeiter kennen. Bei Vodafone lernt man, es gibt Menschen.

Twitter wäre und ist interessant für Events. Jedoch ist hier Rotation Curation das falsche Mittel, hier ist das richtige Mittel das Hashtag, wie die aktuell laufende re:publica zeigt.

Was ist aus Marketing-Sicht also sinnvoller? Ich meine: das Blog.

Das Gleiche kann man analog auf Länder, Regionen, Städte und so weiter anwenden. Twitter ist wichtig für die Verbreitung, jedoch das falsche Medium für die Darstellung. Gerade mit den vielen toten Accounts kann man also sagen, dass Rotation Curation ein Hype ist, der bald auch wieder vorbei ist.

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Comments ( 2 )

Have Something To Say ?

  1. Sabine 2013-05-08

    Ich melde mich als Teammitglied von @MunichLovesU zu Wort.

    Zur Aktualisierung von rotationcuration.com. Die Seite wurde von dem Macher von @TWkUSA gemacht. Er ist darauf angewiesen, auf neue Projekte aufmerksam gemacht zu werden. Das funktioniert natürlich nur teilweise. Deutsche Projekte bekommt er nicht automatisch mit. Internationale, die auf Englisch sind, wahrscheinlich eher.

    Zum Vergleich Blog vs. Twitter. Dieser ist meiner Meinung nach zu kurz gegriffen, zumal Unternehmensaccounts als Beispiel genannt werden, die sich nur bedingt mit Städte-, bzw. Länderaccounts vergleichen lassen, von denen noch dazu alle bis auf @sweden aus Privatinitiativen heraus entstanden sind. Zudem sollte man unterscheiden, ob es um Städte-, bzw. Länder-Marketing geht, oder um die Darstellung eines Unternehmens nach außen bzw. um Events. Vodafone hat einen Blog (http://blog.vodafone.de/), mehrere Twitteraccounts, Facebook, YouTube etc. Und jetzt eben noch einen Rotation Curation Account. Eine sehr gute Methode übrigens, um Mitarbeiter an Social Media heranzuführen, das nur nebenbei.

    Ein Blog verfolgt eine andere Zielsetzung als Twitter, da sind wir uns einig. Twitter erreicht Menschen kurzfristig und in Echtzeit. Dialoge finden schneller und meist unmittelbar statt. Blogs sind nachhaltiger, Inhalte lassen sich besser abrufen und natürlich ist man in der Zeichenlänge nicht begrenzt. Also steht wie bei jeder Kommunikationsstrategie am Anfang die Frage: Wen will ich mit welchem Ziel erreichen? Danach kann man sich überlegen, welches Tool das beste Mittel ist. Ideal ist die Kombination mehrerer Tools. So ergänzen sich Twitter und Blogs wunderbar.

    Zum Thema Hype: Ja, aktuell ist es ein Hype. Viele Projekte entstehen. Ob alle davon sinnvoll sind sei mal dahin gestellt. Ob es weitergeht, sicher nicht in dieser Stärke. Ob Rotation Curation generell eine Erweiterung der Art einen Twitteraccount zu führen bleibt: Ja (meiner Meinung nach). Inwieweit es sich als Kommunikationsmaßnahme für eine Stadt, ein Land, ein Unternehmen, ein Event etc. eignet, muss im Einzelnen betrachtetet werden. Ich kann es mir wunderbar für vieles vorstellen.

    Zum Thema Events: Auch hier lässt sich Rotation Curation umsetzen. Zunächst im Vorfeld, wenn es um die Koordination und die Organisation geht. Währenddessen: Twittern hinter den Kulissen. Wie erleben die Veranstalter ein Event, wie die Caterer, wie die Techniker etc. Das alles in Ergänzung zum Hashtag. Auch hier wieder der Gedanke des sich Ergänzens einzelner Tools/Maßnahmen.

    Wir von @MunichLovesU haben von Anfang an auf eine Kombination gesetzt: Twitteraccount, Blog, Facebookseite und storify mit einer Zusammenfassung der schönsten Tweets jeder Woche. Wichtig war auch ein Konzept. Wir haben das Projekt intensiv vorbereitet, Möglichkeiten abgewägt, uns auf verschiedene Situationen eingestellt. Von Anfang an war klar: Wir machen nur ein Jahr. Sollte es gar nicht ankommen hätten wir das Projekt sogar früher beendet. Den Mut muss man mitbringen.
    Unser Projekt kam zum Glück sehr gut an. Bereits in der ersten Wochen sind die Followerzahlen gestiegen, und wir haben fantastisches Feedback bekommen (auch Kritik zwischendurch). Zudem haben wir den Rahmen für persönliche Treffen zwischen Twitterern und Followern gegeben, so haben wir u.a. drei Partys veranstaltet.

    Zum Thema Nachhaltigkeit: Was macht man mit den ganzen Informationen? Ja, die Suche bei Twitter geht nur kurz zurück. Auch das Twitterarchiv muss erstmal angelegt sein. Ich empfehle, Informationen frühzeitig zweitzuverwerten. @sweden beispielsweise kann seine Twitterer nach Städten/Regionen gliedern, die interessantesten Tweets mit Tipps für Restaurant, Ausflüge etc. listen. Klar, dafür braucht man die nötige Manpower und im Fall von Unternehmen/ Ländern/Städten das Budget. Wir reden hier einfach mal vom Idealfall.

    Zur Nachhaltigkeit von @MunichLovesU: Wir haben im Anschluss an das Projekt tolle Dankesmails bekommen. Die schönste davon war, dass einer sein Leben komplett umgekrempelt hat und jetzt einen neuen Weg geht – explizit dank @MunichLovesU.
    Was @MunichLovesU seinen Followern darüber hinaus bedeutet hat, wie viele Bekannt- und Freundschaften daraus entstanden sind, kann jeder selbst nachlesen: http://storify.com/MunichLovesU/53-woche.

    • Thilo Schumann 2013-05-08

      Hi Sabine,

      Vielen Dank für Deine Sichtweise als eine der Organisatorinnen von @MunichLovesU.

      In einigen Dingen stimme ich Dir zu, in anderen eher weniger. Ich möchte es nicht zu sehr zerpflücken, lass mich deshalb einige Punkte explizit heraus picken.

      Bei der Website zu Rotation Curation habe ich eher den Eindruck, als ob die Arbeit ganz eingestellt wurde, aus welchen Gründen auch immer. Selbst der “regelmäßige” Blog besteht aus 5 Posts, wo der letzte vom Juni 2012 stammt, also inzwischen fast 1 Jahr alt. In knapp einem Jahr, gab es keine Zeit für ein Update? Unwahrscheinlich.

      Ob ein Account privat initiiert ist oder ein offizieller Account sollte egal sein. Entweder ich verfolge ein Ziel (egal ob kommerziell oder nicht) oder ich verfolge kein Ziel. Wenn ich kein Ziel verfolge, dann brauchen wir, denke ich, gar nicht erst weiter diskutieren. Wenn ich ein Ziel verfolge, dann stellt sich die Frage: Welches? Just for fun? OK, dass kann ein Ziel sein. Das ist für mich jedoch kein Ziel für einen solchen Account. Wenn das Ziel sein soll ein Land, eine Region, eine Stadt, ein Unternehmen, ein Event jemanden näher zu bringen, dann denke ich, ist es der falsche Weg.
      Gerade das Beispiel Vodafone vs. Datev ist das richtige Beispiel. Wenn ich mir den Blog von Vodafone ansehe: Genau das ist Marketing. Das steht wenig bis gar nichts über das Unternehmen. Da steht nur was das Unternehmen mal wieder tolles getan hat und welches Gewinnspiel ansteht. Man merkt, dass das Blog vom Marketing betrieben wird. Das ist beim Datev-Blog anders. Hier berichten die Mitarbeiter selber über das Unternehmen, wie es im innersten Arbeit. Die Mitarbeiter schreiben über Menschen in der Datev. Die Mitarbeiter bei der Datev, die das schreiben, machen das aus Eigeninteresse. Sie schreiben nicht nur, sie nutzen dazu auch Youtube, Instagram und andere Dienste. Die Mitarbeiter sind nicht vom PR-Team. Die Mitarbeiter werden dafür nicht extra bezahlt. Die “extra” Bezahlung findet nur dadurch statt, dass sie Zeit dafür bekommen. Ich weiß dies, weil der Datev dieses Konzept auf dem Webmontag in Nürnberg letztens vorgestellt hatte.

      Das Gleiche gilt in Analogie für Länder, Regionen, Städte. Ich muss (wie bei Rotation Curation) engagierte Leute finden, die über ihr Land, ihre Region, ihre Stadt berichten wollen. Ich kann dazu natürlich alle Plattformen nutzen. Es muss nicht unbedingt etwas geschriebenes sein; es könnte genauso gut ein Videobeitrag sein. Wie gesagt, es ist hier unerheblich, ob das Projekt selber privat initiiert wurde oder offiziell unterstützt wird. Wobei natürlich bei einer offiziellen Unterstützung meistens mehr Ressourcen zur Verfügung stehen.

      Ich stimme Dir zu, dass über Twitter schneller Dialoge stattfinden. Die Frage stellt sich nur, welcher Art dieser Dialog hat. Ist es ein Dialog, den ich genauso gut mit Personen direkt aus anderen Ländern führen kann? Ich habe Twitter-Freunde aus USA, Indien, Japan, Australien. Dazu benötige ich keinen Rotation Curation. Diese Leute kann man auch so finden und in Kommunikation treten. So wie ich mir auch meine deutschen Kontakte suche und mit ihnen Kommunizieren. Ein Rotation Curation kann ein Hilfsmittel sein, aber es ist auch ohne sehr gut möglich.

      Beim Thema Events finde ich es ebenso den falschen Weg. Denn Orga, Catering und alles findet parallel statt. Da ist Rotation Curation der falsche Weg. Auch hier ist ein Blog eher das richtige Mittel der Wahl. Bei allen Themen, wo mehrere Leute gleichzeitig beteiligt sind, ist jede zeit-serielle Kommunikation die komplett falsche Wahl. Rotation Curation ist eine zeit-serielle Kommunikation. Ein Blog ist hier viel näher dabei. Die Alternative sind eben die Hashtags, die bei vielen Events auch ausgiebig genutzt werden.

      Nur noch ein Punkt generell: ich fand es sehr interessant wie es bei @Sweden hies: “Wir haben sehr schnell unserer Followerzahlen gesteigert.” Du schreibst inhaltlich das Gleiche zu @MunichLovesU. Seit den ersten 6 Monaten hat sich bei @sweden nicht viel getan. Es ist ein internationaler, offizieller Account und er hat noch immer nur knapp 67.000 Follower. Da hat selbst ein @sixtus oder ein @saschalobo doppelt so viel, und die sind nur in Deutschland. Da sind viele Zeitung, die haben mehr Erfolg. Schau Dir an, selbst @WeAreHH hat noch keine 1.000 Follower.
      Es ist ein Hype innerhalb einer sehr kleinen Community, die es cool findet. Das zeigen auch alle Blog-Posts von ehemaligen Curatoren. Es geht immer nur um: “Oh cool, das was ein Fun”. Einen Mehrwert konnte ich bei keinem erkennen. (Übrigens auch bei Deiner Präsentation. ;o) ) Es bietet scheinbar keinen wirklichen Mehrwert. Genau das ist es, was einen Hype auszeichnet.